Fotografien begrenzen. Auch Weitwinkelformate enden am Bildrand. Die Wirklichkeit ist breiter. Ohne den eingrenzenden Sucher der Kamera tut sich dem Auge die 360° -Weite der Welt auf: die Unendlichkeit meinen wir. Bis wir an ein Ufer stoßen und ahnen, daß jenseits weitere Wirklichkeiten liegen. Auch unser Blick bleibt begrenzt. Flüsse führen in andere Städte, Meere gar zu Kontinenten. Schiffe bringen uns zu neuen Gestaden. Doch um dort anzukommen, müssen wir vorübergehend Begrenzungen annehmen. Da ist das Flußbett, das den Weg vorgibt. Und ohne Gehorsam in den Mikrokosmos einer Schiffswelt, ohne die umzäunende Reling werden wir die Weite des Ozeans nicht überstehen. Ein Ufer ist mehr als der Übergang von Land zu Wasser. Seine Faszination liegt in der Schnittstelle von Begrenzung und Weite. Seit Jahrtausenden bauen wir Häfen als Bollwerke der Seßhaften, und zugleich projizieren wir auf sie unsere Ahnung vom Aufbruch, von der Ferne. Schiffe sind die kulturtechnische Antwort auf die Sehnsucht nach Unendlichkeit. Für unsere Sehgewohnheiten ist die Fotografie wie eine Fähre. Sie läßt vom Fluß aus auf die Silhouette unseres Lebensraums schauen. Der Blick in die Unendlichkeit beginnt mit Handwerk. Ebenso der Weg zu neuen Ufern. Zu ihm gehören Holz, Stahl, Schrauben und Krähne, Anker und Werften, Container und Speicher. Rakoczys Kamera bindet unser Auge an Motive, denen es gewöhnlich wenig Beachtung schenkt. Doch wenn Liebe und Begeisterung das Objektiv führen, dann vermittelt sich die Logistik eines Hafens als Ästhetik. Wenn aus Handwerk Fotokunst wird, sehen wir die Begleiter alles Fließenden: Wolken, Gräser, Brücken, Treibgut. Arbeitende, Feiernde und Müßiggänger. Fotografien als Aus-Schnitte der Wirklichkeit schaffen Haltepunkte im ewigen "panta rhei". Damit ermöglichen sie Beziehungsaufnahme, sie dimensionieren das Unüberschaubare ins Menschliche. Fotografie begrenzt? Fotografie weitet durch Konzentration!
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